Sieg gegen Lorant

Der TSV 1860 gewinnt gegen Greuther Fürth mit 2:1 und verhindert damit vorerst das Schlimmste: die Rückkehr des beinharten Werner

AUS MÜNCHEN CLAUDIO CATUOGNO

Plötzlich schien sich ein Kreis zu schließen, und so richtig glücklich war niemand darüber. Im Stadion an der Grünwalder Straße lehnte der Fußballlehrer Werner Lorant an einer Säule, in der Mitte der Haupttribüne, und deshalb für jedermann sichtbar. Er schimpfte, er blickte entschlossen, und dazu machte er raumgreifende Handbewegungen, wie einer, der die Welt versteht und deshalb damit leben kann, dass die Welt ihn noch nie so richtig verstanden hat. Kurzum: Lorant sah aus wie immer, er nahm Besitz von diesem Stadion und von diesem Verein, als sei er nie weg gewesen. Offiziell war er zum Zweitligaspiel zwischen 1860 München und Greuther Fürth nur als Co-Kommentator gekommen. Aber dass er sich selbst für den einzigen Trainer hält, der 1860 noch zum Aufstieg führen kann, hatte er bereits in einer Münchner Boulevardzeitung mitgeteilt.

Das traf sich gut, denn bei den Münchner Löwen sucht man gerade einen Trainer, der den Klub noch zum Aufstieg führen kann. Präsident Karl Auer hat am Samstag Rudi Bommer entlassen, jetzt führt er Gespräche, und wenn man ihn nach Lorant fragt, sagt er: „Ich rede mit jedem.“ Gegen Fürth saß erst einmal der frühere Amateurtrainer Rainer Maurer auf der Bank, und was er sah, war lange Zeit wenig erfreulich: Gelb-Rot für Rodrigo Costa, ein 0:1 per Foulelfmeter und jede Menge verkrampfte Angriffsversuche. Doch die Löwen drehten das Spiel noch. Am Ende überrannten sie Fürth geradezu, gewannen 2:1 durch Tore von Lehmann und Tyce – und attestierten sich selbst anschließend die beste kämpferische Leitung dieser Saison.

Dann gaben sie allerdings auch bekannt, sich für Bommer so reingehängt zu haben. „Weil ja wir Spieler schuld sind an dem Schlamassel“, wie Matthias Lehmann erkannte. Doch Rainer Maurer muss die Sympathiebekundungen für seinen Vorgänger nicht fürchten. Er genießt hohes Ansehen im Verein, und sollte er tatsächlich kurzfristig den Erfolg zurückbringen, könnte er mehr sein als nur eine Zwischenlösung. Für die Spieler wiederum wäre das der einfachste Weg, um Lorant zu verhindern.

Unter dem hat der TSV 1860 seine größten Erfolge erlebt, und aus dieser Zeit ist offenbar die Sehnsucht geblieben nach Lärm und Härte und brüllender Autorität. Wenn zum Beispiel Geschäftsführer Roland Kneißl über Rudi Bommer sagt, noch nie habe ein Trainer bei 1860 „einen so guten Umgang mit allen gepflegt“, dann klingt das wie Lob, ist aber Kritik. Den großen Abstand zu den Aufstiegsrängen lastet die Führung vor allem dem Trainer an. Zu nett, zu weich, zu verständnisvoll sei er gewesen. Doch rückblickend war Bommer wohl vor allem: zu ehrlich.

Vergangene Woche hatte er erstmals öffentlich angedeutet, das Management der Löwen habe ihm zum Amtsantritt viel versprochen, davon aber nur wenig gehalten. Der Verein wollte den Abstieg als Chance begreifen, für ein Jahr in das geliebte Grünwalder Stadion zurückkehren, den Wiederaufstieg schaffen und diese Euphorie dann in die neue Allianz-Arena mitnehmen. So weit die Theorie. Doch während es in Köln sogar gelang, Nationalstürmer Lukas Podolski die Zweite Liga schmackhaft zu machen, fiel bei den Löwen die Mannschaft auseinander. Bommer glaubte nicht mehr an den Aufstieg, forderte Geduld, wollte wieder ein Team formen. „Man muss den Fans reinen Wein einschenken“, forderte er. Doch weder Auer noch Kneißl waren bereit, selbst davon zu kosten.

Jetzt, nach dem Erfolg gegen Fürth, gaben sich beide zuversichtlich, alles richtig gemacht zu haben. „Wenn wir noch eine Chance haben, aufzusteigen, müssen wir sie nutzen“, sagte Auer. Von einem hektischen Anrennen, von wenigen spielerischen Akzenten sagte er nichts. Werner Lorant stand bei 1860 nicht nur für Härte und Disziplin, sondern auch für den Habitus, offensichtliche Wahrheiten nicht anzuerkennen und sich stattdessen seine eigene Wahrheit zu machen. Selbst wenn Lorant nicht ihr neuer Trainer wird – diese Attitüde haben sie bei 1860 schon von ihm übernommen.